Abb. 4
Darstellung des Zusammenhangs zwischen einem Zuchtmerkmal
und einer oder mehreren Erbvarianten (SNPs). Auf der horizontalen
Achse sind die Chromosomen eines Pferdes aufgereiht. Jeder Punkt
repräsentiert einen SNP. Die vertikale Achse zeigt das Ausmaß des
Zusammenhangs. Hier dargestellt sind zwei auffällige SNPs auf dem
Chromosom 3 und 28 (rote Pfeile), die sich deutlich herausheben und
bei Vollblütern das Größenwachstum beeinflussen. Während beim
Menschen annähernd 700 Gene das Größenwachstum festlegen, sind
dies beim Pferd nur einige wenige.
Dies ist eine weitere Voraussetzung des oben beschriebe-
nen sehr frühenAblesens zahlreicher Eigenschaften eines
Pferdes direkt aus dem Genom, oder um es als Züchter
auszudrücken:
Das sichere Erkennen von
Zuchtmerkmalen zu einemfrühest-
möglichenZeitpunkt.
Eben diesemZiel dient die
Genomische Selektion.
In der Tat besitzt die Genomische Selektion das Potential,
die Pferdezucht zu revolutionieren (was durch genomi-
sche Selektion bei anderen Tierarten bereits erfolgt ist!).
Zahlreiche Zuchtmerkmale sind eindeutig und oft auch
überwiegend genetisch festgelegt, selbst wenn äußere
Faktoren wie Haltung, Fütterung etc. diese beeinflussen
können. Der unschlagbare Vorteil der genomischen Selek-
tion ist die sehr frühe Verfügbarkeit der Ergebnisse. D.h.
ein Pferd mit all seinen erblichen Anlagen kann schon
ab Geburt beurteilt werden. Das lange Warten auf zuver-
lässige Zuchtwerte, die bisherige Verfahren bedingen,
entfällt. Außerdemsind vieleMerkmalemit einer deutlich
höheren Sicherheit zu beurteilen, als dies ebenfalls durch
bisherige Verfahren möglich ist. Mit anderen Worten:
schneller und sicherer! Das Wissen darum, welche Erb-
anlage durch welchen Erbabschnitt und welche genaue
Schreibweise festgelegt wird, ist jedoch essentiell. Hier
wissenwir bereits eineMenge, vieles ist aber noch unklar
und gilt es zu lernen. Wir können diese Lektionen jedoch
lernen, wenn wir linear und einheitlich möglichst viele
Pferde beschreiben. Experten rechnen dafür mit ca. 5000
Pferden, die einemöglichst repräsentative Stichprobe der
interessanten Pferdepopulation darstellen sollten. Und
wenn wir dieselben Pferde genomisch analysieren und
mit ihren Daten der Linearen Beschreibung abgleichen.
Wünschenswert sind über die Exterieurdaten aus der
Linearen Beschreibung natürlich auch ein Abgleich von
Gesundheitsdaten bzw. vonRöntgenbildern von denselben
Pferden. Auch hier hat die Genomik gegenüber bisherigen
Verfahren klare Vorteile. Wieder sind es unsere Nachbarn
in den Niederlanden, die hier voran preschen. Seit 2016
werden für dieHengstauswahlen keine röntgenologischen
Nachweise von Chips (also der OC oder OCD: Osteochond-
rosis dissecans) mehr verlangt, sondern nur noch geneti-
sche Daten. Die enormenMöglichkeiten der genomischen
Selektion sind dabei nicht nur bei unseren westlichen
Nachbarn erkannt und bereits angepackt! Neben Exte-
rieurdaten und Gesundheitsdaten sind nicht zuletzt auch
Leistungsdaten aus Sport-, Hengst- oder Stutenprüfungen
wiederum von denselben Pferden wünschenswert.
Der Datenschatz aus genomischen Eigenschaften, der
linearen Beschreibung (Exterieurdaten), einer Gesund-
heitsdatenbank (z.B. Röntgenbilder) und von Leistungs-
daten (z.B. aus Sport- und Eignungsprüfungen) wird uns
in die Lage versetzen, die geerbten Eigenschaften eines
Pferdes zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt wie z.B. bei
der Fohleneintragung in einer so guten Weise zu erken-
nen, wie es keine andere Methode erlaubt.
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